Den Wärmeverlusten auf der Spur

Nidda. In Zusammenarbeit mit der hessischen Energiesparaktion, dem Malerfachbetrieb Gall aus Hungen und der Oberhessischen Gasversorgung GmbH hat die Stadt am Dienstagabend im Ortsteil Geiß-Nidda einen Informationsabend zur Energieeffizienz von Wohngebäuden mit anschließendem Thermografie-Spaziergang durchgeführt. Rund 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger hatten den Weg ins evangelische Gemeindehaus gefunden. Vor dem Rundgang mit der Wärmebildkamera erfuhren die Gäste von Harmut Gall, welche typischen Schwachstellen an Bestandsgebäuden auftreten und mit welchen Maßnahmen diese behoben oder zumindest abgemildert werden können. Der Malermeister kennt die Thematik nicht nur aus der täglichen Praxis, sondern ist auch als zertifizierter Energieberater und Partner der Kampagne „Haus sanieren -profitieren!“ der Deutschen Bundestiftung Umwelt und des Handwerks unterwegs. „Fassade und Fenster“, betonte Gall, „sind immer als Einheit zu verstehen.“ In der Regel solle eine Dreifach-Wärmeschutzverglasung daher nur zum Einsatz kommen, wenn auch die Fassade entsprechend ausreichend gedämmt sei. „Wer mit dem Fenster einen höheren Wärmeschutz als mit der Wand erzielt, bewirkt, dass sich die kälteste Stelle der Innenwand und damit eventuell der Taupunkt Richtung Fensterlaibung verschiebt. Wenn dann Tauwasser nicht schnell genug trocknen kann und ein Nährboden wie Holz oder Raufasertapete vorhanden ist, ist der Schimmelpilz nicht mehr weit“, warnt der Experte. Einig waren sich alle drei Referenten, dass auch die Heizung im Keller ein zentraler Baustein bei der Energieeinsparung sein könne. Energieberater Marco Lachmann, der als Regionalpartner der Hessischen Energiespar-Aktion einmal im Monat in der Stadtverwaltung kostenlose Energiesprechstunden anbietet, stellte daher nicht nur die gängigsten Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Dämmmaßnahmen vor, sondern ergänzte auch die Förderprogramme des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) zur Heizungsoptimierung vorhandener Anlagen bzw. zum Tausch veralteter Kesselanlagen gegen Biomasse-Heizungen und solarthermische Anlagen. Leider, so wurde aus dem Publikum angemerkt, legten manche Heizungsbauer keinen gesteigerten Wert auf den hydraulischen Abgleich, der mittlerweile bei jedem Kesseltausch zum Pflichtprogramm gehöre. Das Verfahren ermöglicht, die Heizwasserzufuhr je Heizkörper dank voreinstellbarer Thermostatventile auf den tatsächlichen Bedarf zu begrenzen. Dies wiederum erlaubt, die Vorlauftemperaturen abzusenken und gerade bei modernen Brennwert-Kesseln die möglichen Einsparpotenziale erst umfänglich auszuschöpfen. „Wer zur raumweisen Heizlastberechnung als Grundlage des ausführlichen Abgleichs oder zu den Förderprogrammen Fragen hat, darf sich gerne für die kostenfreie Energiesprechstunde im Rathaus anmelden“, bot Lachmann abschließend seine Unterstützung an. „Wer zweifelt, dass seine Heizung optimal läuft, oder denkt, dass die Heizkosten zu hoch ausfallen, dem können wir auch einen kostenpflichtigen Heiz-Check nach DIN-Norm anbieten“, ergänzte Holger Reuss, Geschäftsführer der Oberhessischen Gasversorgung, bei der Vorstellung des Dienstleitungsportfolios des Gasanbieters. Das Geld für diese Prüfung des kompletten Heizsystems auf „Herz und Nieren“ zahle sich in der Regel schnell aus. Der Gebäudeenergieberater verdeutlichte anhand von Beispielen dem Publikum zudem, was sich hinter den Begriffen Energie und Kilowattstunde verbirgt. So lassen sich etwa mit einer Kilowattstunde 859 Liter Wasser um ein Grad erwärmen oder – je nach Durchfluss und Wassertemperatur – ungefähr drei bis fünf Minuten lang warm duschen. Auch durch die anschauliche Vorstellung der Funktionsweise und Anwendungsgebiete der Thermografie waren die Teilnehmer nun bestens für den anschließenden Rundgang mit ausgewählten Stationen vorbereitet.   Zur Erleichterung der Eigentümer, die ihre Immobilie für die probeweise Thermografie-Begutachtung zur Verfügung stellten, blieb der ganz große Schreck über unentdeckte Schwachstellen aus. Dennoch waren ungedämmte Rolllädenkästen, Heizungkörpernischen, Fensterstürze und ein Ringanker deutlich zu erkennen. Besonders markant wurde der Unterschied im Vergleich zwischen einem ungedämmten und einem innenwandgedämmten Fachwerkhaus. So hob sich beim ungedämmten Objekt die Struktur des Fachwerks im Wärmebild gegenüber den heller erscheinenden Gefachen deutlich hervor. Ein weiterer Aha-Moment bei dem Blick auf ein Wohnhaus mit einem Wärmeschutz außen: auf dem Kameradisplay sahen die Teilnehmer nur eine gleichmäßige dunkle Fläche. „Wir werden von Seiten der Stadt die Themen Sanieren und Energieeffizienz – auch mit Blick auf den Denkmalschutz – weiterverfolgen. Nicht zuletzt wollen wir das mit der Kampagne „Nidda hat Zukunft!“ zu einem Schwerpunkt 2018 machen“, versichert Klimaschutzmanager Peter Glasstetter und ergänzt: „Bei Fragen hierzu helfen meine Kollegin Birgit Herbst und ich Hauseigentümern oder auch Mietern gerne weiter.“ „Neben den alljährlichen Thermografie-Spaziergängen, die mittlerweile fast zur festen Institution geworden sind, wollen wir dieses Jahr auch mit neuen Instrumenten experimentieren“, verkündet Bürgermeister Hans-Peter Seum. „Einige Kommunen haben mit Hausbesuchen bei der Energieberatung gute Erfahrungen gemacht. Das wollen wir nun auch in Nidda ab April ausprobieren und sind zuversichtlich, dass dieses Angebot sowohl für die Entwicklung unserer Stadtteile als auch für den Klimaschutz fruchtet.“